Ins Unbekannte –von Tsumeb in den Caprivi
Wir hatten schon sehr viel gegensätzliches über den Caprivistreifen, jene Landzunge zwischen Botswana, Simbabwe, Sambia und Angola, der im Jahre 1890 im Zuge des Helgoland-Sansibar-Vertrages an das damalige Deutsche Reich fiel und so den Namen dessen Außenministers Leo von Caprivi erhielt, gehört und gelesen.
So sei dies zwar einerseits eine der schönsten Gegenden Namibias, andererseits gab es hier noch vor ein paar Jahren Unruhen und diverse Vorfälle bewaffneter Auseinandersetzungen. Diese rührten v.a. von Unabhängigkeitsbestrebungen des Caprivi und von bewaffneten Banden aus dem benachbarten Angola her. Und auch wenn es 2005 laut dem deutschen Auswärtigen Amt keinen Grund mehr gab, den Caprivi aus Sicherheitsbedenken heraus zu meiden, hatte doch so gut wie kein großes Reiseunternehmen den Caprivi in seinem Programm, was man durchaus als ungutes Indiz deuten konnte.
Doch die Reiseführer und Berichte von Reisenden, die den Caprivi trotz allem besucht hatten, schwärmten dermaßen von dieser Gegend entlang des Okavango und des Sambesi, dass wir doch unbedingt dorthin reisen wollten. Die Aussicht, dieses wasserreiche und grüne Land zu sehen, das so anders als der Rest Namibias sein und voller quirligem afrikanischen Lebens stecken sollte, war doch zu verlockend und so hatten wir schon von Deutschland aus zwei übernachtungen in dem Miniörtchen Divundu und eine in der Hauptstadt des Caprivi Katima Mulilo gebucht. Zumal sich mein holdes Weib von dem Umstand leicht zur Reise in den Caprivi überzeugen ließ, dass es hier wildlebende Elefanten gibt...
Eins vorweg – den Caprivi auf unseren Tourenplan zu setzen erwies sich als richtig gute Entscheidung und ich würde fast so weit gehen, diesen Landzipfel als schönste Ecke Namibias zu bezeichnen.
Zumindest ist sie tatsächlich einzigartig und völlig anders als der Rest des Landes.
Die trockenen Sträucher, die Sandebenen, die wunderbare doch allgegenwärtige Weite und Einsamkeit Namibias lässt man kurz hinter dem Wildzaun, der den Caprivi vom Reste des Landes wie eine symbolische Grenze trennt hinter sich und man erreicht eine Gegend, in der längs der Straße tausende Strohhütten stehen, überall dunkelhäutige Menschen und vor allem Kinder die Straßen säumen, kurz eine Gegend, die vor Leben schier überquillt. Man meint sich fast in einer anderen Welt.
Und so war der Weg bis zu unserer Unterkunft für heute, der Suclabo Lodge, schon hochinteressant, da wir gar nicht wussten, wohin wir zuerst schauen sollten. Hier sah es so aus, wie man sich Afrika in seinen Träumen vorstellt.
Entsprechend gut gelaunt erreichten wir unsere Lodge und waren wieder überaus positiv überrascht. Nicht nur dass diese mit absolut romantischen landestypischen kleinen Hütten als Zimmer aufwartete, nein, hier gab es eine –mit Stroh überdachte– Terasse mit Blick auf den Okavangofluss, auf dem uns dann auch unser Kaffee serviert wurde. Hier konnte man wirklich stunden- oder gar tagelang sitzen und die bunte, mannigfaltige Vogelwelt beobachten.
Das eine oder andere Mal haben wir gar nicht gewagt, uns zu bewegen, so dicht kamen verschiedene Vögel und Insekten an die Terasse heran.
Und gemütlich im Schatten sitzend, die Kamera im Anschlag, konnten wir unseren Nachmittag genießen.
Auf dem Okavangostrom fuhr ein einheimischer Vater mit seinem Sohn in dem typischen Holzboot. Bald darauf begannen die beiden zu angeln und fingen sogar ein recht ansehnliches Exemplar eines Tigerfisches. Diese absolut ursprüngliche und absolut schöne Szene nahm uns gefangen. Der Nachmittag war so schnell vorbei, dass wir uns fragten, wo die Stunden geblieben waren.
Und dennoch sollte man eines nicht vergessen: Bei einer HIV-Infektionsrate von 34% und mehr besteht eine grausame Wahrscheinlichkeit, dass der Junge, der hier Teil der romantisch–ursprünglichen Szenerie war, das Erwachsenenalter nie erreichen wird.
Für den Abend hatten wir noch einen Bootstrip über unsere Lodge gebucht. Zusammen mit 4 weiteren Touristen ging es mit einem kleinen Metallboot auf den Okavango und zunächst gen Popafalls, wo wir tatsächlich noch einen Blick auf diese Sehenswürdigkeit werfen konnten, die wir schon ausgelassen geglaubt hatten.
Vom Boot aus bekamen wir noch eine ganz eigene und besondere Perspektive auf das einheimische Leben am Fluss, denn dieser war gesäumt mit Kindern und ganzen Familien, die hier ihr abendliches Bad in dem Wasser des Stromes nahmen. In Anbetracht dessen, dass es hier, wie wir kurz darauf selbst noch beobachten konnten, nicht wenige Flusspferde und Krokodile gibt, kein ganz ungefährlicher Zeitvertreib.
Und so fuhren wir. Sambia auf der einen Seite, Namibia auf der anderen. Irgendwo hinter uns die Victoriafälle und vor uns eine glutrot untergehende Sonne. Für uns an diesem perfekten Tag ein kleines Paradies.