titelTierauge
2009

The Killing of Georgie – Etosha Nationalpark Tag 2   183km / 2:33h

Wahrscheinlich hätten wir uns den Eland Drive heute morgen sparen sollen... Andererseits – vielleicht war's auch Schicksal.
Wir starteten jedenfalls heute unsere Pirschfahrt und nahmen als eine der ersten Routen den Eland Drive, eine Pirschroute durch die südlicheren Parkgebiete. Da tauchte vor uns eines der in Namibia häufigen Straßenbaufahrzeuge auf, das offensichtlich hier mit der Straßenreperatur beauftragt war.

Wir hielten hinter dem stehenden Fahrzeug recht weit auf der linken Seite. Auf einmal setzte sich das Gefährt rückwärts in Bewegung und ein knapp mannshohes Rad steuerte auf mich zu. Ein Problem der Straßenbaufahrzeuge ist leider, dass sie nur einen Außenspiegel -natürlich rechts- haben. Unser Auto stand also klassisch im toten Winkel.
Ich habe natürlich laut und langgezogen gehupt, um den Amokfahrer vor uns mitzuteilen, dass hinter ihm noch ein wenig heiles Blech steht, das gern heil bleiben würde.
Ein weiteres Problem der Straßenbaufahrzeuge ist leider, dass diese sehr laut sind und der Fahrer deshalb einen Lärmschutz tragen muss. Gehört hat er mich also nicht.
Und Knirsch, Krach, Ächtz - es war passiert, die Fahrzeuge waren zusammengestoßen und Schorsch sah vorne rechts nicht mehr wirklich fabrikneu aus; er war ziemlich matsch!
Toll! Ein Unfall mit einem Mietwagen mitten im Etosha - das muss man einfach erlebt haben, da geht nichts drüber!

Jedenfalls stieg der Traumtänzer aus seinem Construction Vehicle und unterhielt sich mit seinem herbeigeeilten Kollegen (aus einem anderen Baufahrzeug) in feinstem Afrikaans.

"Do you speak English?" "No English, only Afrikaans". Auch gut, dann eben Afrikaans. Ach so, kann ich ja gar nicht... Problem...
Na ja, irgendwann war ihm klar, dass wir ein Mietauto hatten und deshalb die Polizei bräuchten.
Kein Problem - Handy raus und...NATÜRLICH kein Netz... (nicht, dass wir's erwartet hätten, einen Versuch war's aber wert).
Wenige "no understand"s später befand ich mich wieder im Auto (das Tür öffnen und schließen war mit unnormal viel kraft und einem ungesunden metallischen Knirschen verbunden) und folgte dem Baufahrzeug über diverse Wege mit der Aufschrift "no entry" oder "staff only" gen Camp Halali. Ca. 15 Kilometer mit 10 km/h macht auch 1,5 Stunden...

Als wir endlich im Camp angeschlichen kamen, waren wir (oder vielmehr unser gefaltetes Blech) natürlich Sensation des Tages. Die Belegschaft des Camps scharrte sich um uns.
Ab und zu kam jemand wichtig aussehendes auf uns zu, gab einem von uns die Hand und fragte, was wann wo und warum überhaupt passiert sei.
Nein, er wäre nicht zuständig, aber der Manager käme bald.
Als der dann endlich auftauchte, stellte der erstmal pflichtgemäß fest, dass er ja gar nicht zuständig sei und ging, den zuständigen zu rufen.
Etwa 2 Stunden später kam der Manager nochmals vorbei, der zuständige (der andere) Manager habe keine Zeit und ich sollte mich auf den Weg nach Tsumeb machen, um dort bei der Polizei ein Protokoll aufnehmen zu lassen.
Nein, die Polizei käme nicht in den Park und nein, weder er noch sein Mitarbeiter würden uns begleiten weil das so wie so vollkommen überflüssig sei...

Also gut, auf nach Tsumeb! Herrn Hester, den Vermieter unseres Autos, hatten wir vom Camp aus telefonisch auf dem laufenden gehalten. Von ihm hatten wir die Anweisung, in Tsumeb eine von ihm genannte Werkstatt aufzusuchen und dort durch Fachleute den Schaden und v.a. die Fahrbereitschaft des Autos einschätzen zu lassen.
Dass wir eigentlich geplant hatten, heute in aller Ruhe Tiere zu beobachten, war in weite Ferne gerückt.

Inzwischen war der Tag so weit fortgeschritten, dass wir uns aufteilen mussten, um Werkstatt und Polizei heute noch beide in Angriff nehmen zu können.
Also ließ ich mich bei der Polizei absetzen, Tom fuhr zu "AutoTech Tsumeb".

Die Polizeistation selbst war so interessant und spannend, das jedem Touristen geraten sei, eine namibische Polizeiwache auf seinen Urlaubsplan zu setzen.
Nein, im Ernst – eine Erfahrung aus der Kategorie "Muss nicht sein"!
Zwar kümmerten sich die Beamtenl absolut professionell und fast rührig um unser Anliegen, dennoch gibt es halt schöneres, als einen Urlaubstag bei Freund und Helfer zubringen zu müssen. Zumal der Wache eine Arrestzelle angegliedert war und deren ca. 10-15 Insassen höchst interessiert beobachteten, was der weiße Touri da so auf der Polizeiwache zu suchen hatte. Auch dass irgend so eine arme Sau von geschätzten 18 bis 20 Jahren vor dem Polizeischalter mehrmals in Tränen ausbrach, erhöhte den Spaßfaktor nicht unbedingt...
Eine spezielle Erfahrung!

Die Inanspruchnahme unseres reservierten Campingplatzes auf Onguma fiel leider mittlerweile aus Zeitgründen aus. Wir mussten uns in Tsumeb umsehen und landeten so im Mousebird Backpackers, einer zwar sehr einfachen, dafür aber wirklich preiswerten und sehr netten Unterkunft. Ein Glücksgriff in wahrhaft dunkler Stunde!

Als wir abends ins Makalani Hotel zum Essen gingen, konnten wir den Rest des Tages doch noch genießen. Tsumeb ist ein kleines, gemütliches Minenstädtchen, in dem sich auch weiße Touristen nach Einbruch der Dunkelheit (die hier im Gegensatz zu Swakopmund richtig dunkel ist) recht unbesorgt bewegen können. Das Abendessen war in Ordnung und an der Hotelbar war so richtig was los. Eine der wenigen Bars, in denen nicht nur weißes Publikum saß.
Cheers!

Worte des Tages
Sch...!!! (Laut oder innerlich durch mich intoniert während das Baumaschinenrad auf mich zurollte)

Was ham wer heute gelernt
...dass, wenn eine Baumaschine rückwärts aufs eigene Auto zurollt, man sich für den Rückwärtsgang anstatt der Hupe hätte entscheiden sollten...

Toms famous last Words
Unfälle sind immer Mist, wenn sie im Ausland passieren sind sie oft eine Katastrophe. Wenn sie im Ausland passieren, man keine unparteiischen Zeugen hat, kein Handy Empfang hat um die Ordnungshüter zu holen und sich mit dem Unfallgegner nur über Zeichensprache unterhalten kann ist das Desaster perfekt.
Nee, denkste! Die Hilfsbereitschaft, das unbürokratische Vorgehen aller Beteiligten, angefangen vom Baumaschinenfahrer, über den Camp-Leiter von Halali, die Polizei bis hin zur telefonischen Beratung von Herrn Hesters und dem erstklassigen Service in der Werkstatt, waren unbeschreiblich und einfach wunderbar!
DA merkte man, dass man nicht in Deutschland war.
Letztlich hatte der Unfall sogar etwas wirklich gutes: Tsumeb, das wir wahrscheinlich so links liegen gelassen hätten, ist auf jeden Fall eine Zwischenstation wert.
=> 5 of the Little Five der Namib , 2 of the Big Five, 2 of the Dangerous Six, eine Baumaschine im Kotflügel (die zählen wir mal Heute einfach mit dazu)

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