titelTierauge
2022

Windhoek Tag 2 – Tag der Gegensätze

Für heute Vormittag waren eine Menge Einkäufe geplant. Zum einen musste dringend für das Teeniekind Adia Kleidung besorgt werden. Zwar hatten wir insofern unheimliches Glück, dass beide Kids in etwa die selbe Größe hatten und sie Kleidung ihrer Schwester anziehen konnte, doch würden wir natürlich noch eine Menge mehr brauchen.
Ihr Schlafsack war auch an einem uns unbekannten Gepäckabfertigungsband verschollen und brauchte Ersatz.

Außerdem waren ja sämtliche Medikamente im verlorenen Rucksack und wir brauchten nicht nur den üblichen Grundstock an Magentabletten, Schmerzmitteln und Pflastern und Verbänden, auch die Neubeschaffung der Malariaprophylaxe war ja zumindest einen Versuch wert.

Doch zuerst ab zu MTC, um uns wieder an die Zivilisation anzuschließen und eine namibische SIM-Karte zu besorgen. Der erste Punkt auf der Karte war schnell erledigt und dauerte nur wegen des gründlichen und freundlichen Service etwas länger. Na, das stimmte doch hoffnungsvoll. Zumindest das Thema „Navigation“ würde sich ab sofort einfacher gestalten.

Dann ab in die Innenstadt in die Independence Avenue zu den Malls mit Kleidungsgeschäften und Campingausstattern. Die Parkplatzsuche in dieser ziemlich befahrenen Hauptstraße war schwerer als erwartet und so war ich ziemlich froh, von einem der (wilden) Parkwächter in eine eigentlich viel zu enge Lücke eingewiesen worden zu sein – bis der „Parkwächter“ seine Preiserwartungen mitteilte: 200Nam$, etwa 12 Euro – ein stolzer (Wucher-) Preis! (für Ortsunkundige: dies ist alles andere als normal! Denn erstens bezahlt man den Wächter grundsätzlich erst bei Rückkehr zum Fahrzeug, und zweitens ist ein Obolus von 10Nam$ üblich, 20 Dollar währen schon ein echt großzügiger Touristenpreis. Man bezahlt nicht den Parkplatz an sich, sondern das „Bewachen“. Streng genommen bedeutet das Bezahlen des Wächters regelmäßig eher die Entrichtung eines verschmerzbaren Schutzgeldes, damit der „Wächter“ nicht höchstselbst für einen ordentlichen Schaden am Vehikel sorgt. Zumindest bei solch „inoffiziellen“ Parkwächtern. Konzessionierte Wächter vor Supermärkten oder ähnlichem sind aber durchaus seriös und nützlich. Erkenne den Unterschied!).

Klar, dass ich mir das nicht gefallen lassen wollte und Anstalten machte, wieder einzusteigen. Schwups fielen die Preisvorstellungen erst auf 100$, dann auf 50. Da ich mir alles andere als sicher war, hier wieder unfallfrei ohne Einweiser mit dem Öltanker rückwärts auf die Hauptstraße zu kommen - sei’s drum!

Es war ja Urlaub und die 50$ waren redlich ergaunert. (und wieder hab ich somit die Preise für meine Nachfolger versaut…)

Die Besorgungen dauerten ein bisschen, waren dafür aber weitgehend erfolgreich. Um die Mädels an die einheimischen Ernährungsgewohnheiten heranzuführen schlugen wir noch ordentlich beim Wild-Billtong zu (für uns als Meistens-Veganer eine Ausnahme: bei hier geschossenem Wildfleisch brauchte man sich über miese Haltungsbedingungen der Tiere wohl eher keine Gedanken machen).

In der Luisenapotheke (ja, die heißt trotz ihrer Lage mitten in Windhoek wirklich so) konnten wir unsere Medikamentenvorräte wieder zusammenkaufen. Nur Malariamittel gab es keine. Ein Rezept hätten wir zwar hier tatsächlich nicht gebraucht, aber wegen der eingesetzten kleinen Regenzeit war hier so ziemlich alles ausverkauft. Auch bei den Zulieferern. Aber da wir in ein paar Tagen ja noch mal in Swakopmund in entsprechender Infrastruktur sein würden, rief ich bei der dortigen Adlerapotheke (das sind Namen!) an und war prompt erfolgreich. Man würde uns die benötigte Menge zurücklegen. In Anbetracht dessen, dass die von uns ja nur eine Handynummer und unseren Namen hatte, ein wirklich toller Service und Rettung unserer Reiseroute.

Nach diesem Pflichtprogramm gönnten wir uns etwas Auszeit und besuchten das Windhoek Craft Center, wo einheimische Kunsthandwerker und Künstler ihre Waren feilbieten und man wir in einer Art kleiner Cafeteria eine echt leckere Mahlzeit zu uns nehmen konnten.
Da man mittlerweile an jedem der Stände mit Kreditkarte bezahlen kann (das probier mal in Deutschland!), ließen wir diese ordentlich glühen und kauften allerlei Schönes für uns selbst und die lieben Daheimgebliebenen.

Für den Nachmittag hatten wir eine geführte Tour durch das größte Township der Stadt und damit im ganzen Land Namibia, Katutura, gebucht. Es war mir wichtig gewesen, dass es eine Tour wäre, die möglichst respektvoll und -sofern möglich- auf Augenhöhe diesen Stadtteil vorstellte. Für mich selbst, aber vor allem auch für meine Kinder als Erweiterung des eigenen Horizonts, bevor wir in die wunderbaren Gegenden und Unterkünfte des Landes reisen würden.

Für solche Touren gibt es in Windhoek einige Anbieter – bei ein paar davon liest sich aber schon der Beschreibungstext wie der Besuch einer Freakshow.

So habe ich hierzu ein Weilchen gelesen und verglichen und bin bei Alexandra von "Red Earth Safaris“ gelandet. Eins vorweg – wieder mal ein Treffer; Prädikat uneingeschränkt empfehlenswert.
Die Tour führte aus der Innenstadt über den Aussichtspunkt an der Schwerinsburg nach Katutura und hatte unter anderem einen Besuch des Penduka-Selbsthilfeprojektes auf dem Programm.

Penduka statt Ziegenkopf. Keine Disneylandtour im offenen Offroader. Hier waren wir richtig!

Besonders dieses Selbsthilfeprojekt, in dem Frauen anderen Frauen Arbeit, Sicherheit und Zukunft bieten, hat uns wirklich beeindruckt. Besonders Frauen, die hier häufig unter häuslicher Gewalt und Alkoholismus Ihrer Partner leiden, haben es wirklich schwer und eine solche Initiative erscheint ungemein wichtig und bewundernswert.

Aber auch was Alexandra über Lebensverhältnisse und Lebensmodelle im Township erzählte und zeigte, war Augen öffnend und hat meine Sicht auf diese Siedlung am Rande der Stadt nachhaltig verändert.

Dass wir so wenig Fotos machten (uns so wenige Fragen stellten) lag an unserem schweigenden Staunen und dem Versuch, all diese vielen Eindrücke und Informationen in uns aufzusaugen.

Interessant war auch die Besichtigung des Oshetu-Marktes. Auch wenn ich hier ziemlich sicher war, dass ich alleine und ohne die ortskundige Führung durch Alexandra den Markt nie betreten und anderenfalls wohl nicht verlassen hätte. Man hat an der leicht angespannten Aufmerksamkeit unserer Führerin den tatsächlichen „Ernst der Lage“ ganz gut erkennen können. Aber das machte die Tour ja gerade so besonders – Dinge zu erfahren und Orte zu sehen, die man sonst verpasst hätte.

Für den Abend hatten wir in Joes Beerhouse reserviert. Und ganz anständig hungrig waren wir auch schon.

Joes ist eine (nicht nur touristische) Institution in der Hauptstadt. Erstklassiges (wildlastiges) Essen, eine tolle, urige Atmosphäre. Wir hatten so ziemlich alles auf dem Teller, was heimischen Jägern so vor die Büchse gelaufen war und alles war richtig lecker, dazu namibisches Bier bzw. Softdrinks – der würdige Abschluss eine großartigen Tages.

Gedanke zum Tag:
Just add another hand full... - wir beim Billtongkaufen. Immer!

Was ham wer heute gelernt?
Wahnsinnig viel! Wieder mal gibt es keine einfachen Antworten auf irrsinnig komplexe Fragen.

Adias Senf und Nellis Ketchup:
soon to follow...

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