Windhoek, Tag 1, Abenteuer der speziellen Art
Voller Erwartungen standen wir endlich am Gepäckband und warteten. Erst kam mein Koffer, dann Rucksack numero uno, dann... dannnnnnnn...... daaaaaaaaannnnnnn......... Nix mehr. Der Rucksack mit allen Klamotten der Großen und sämtlichen Medikamenten kam nicht.
Ein riesen Problem! Nicht nur, dass mein Teeniekind nur die Kleidung hatte, die sie die Nacht über schon im Flugzeug getragen hatte, auch die -in D- schwer zu beschaffenden und v.a. rezeptpflichtigen Malariaprophylaxen waren weg. Ohne Prophylaxe würde ich mit den Kindern die Route komplett umplanen und gebuchte Unterkünfte sausen lassen müssen.
Wir verließen folglich den Gepäckbereich und wurden direkt vom Fahrer des Shuttles unseres Mietwagenverleihers Kalahari Car Hire in Empfang genommen. Nein, wir könnten noch nicht los, wir müssten uns um unser verlorenes Gepäck kümmern.
Interessant fand ich das völlige Fehlen von Überraschung beim Fahrer. Schien recht normal. War es auch, wie wir später erfahren sollten.
Also ab zu „lost luggage“ – der Schalter war komplett leer, welch Glück!
Ich sprach also die Dame am Schalter an und blickte in Augen, aus denen mir Resignation, Unlust und Unbeweglichkeit entgegenwaberten. Zusammen mit der Frage „Nun, kleiner weißer Touri aus Europa, Dir fehlt also Gepäck? Und was genau, denkst Du, soll ich da jetzt gegen tun? Nerv nicht, lass mich in Ruh und, ach ja, willkommen in Afrika und so“.
Gesagt hat der darunter liegende, noch gelangweilter aussehende, Mund das aber nicht, sondern sie wies mit einer kaum wahrnehmbaren und äußerst ressourcenschonenden Bewegung des Kopfes auf einen QR-Code an ihrer Scheibe hin, der zu einem entsprechenden Online-Formular führen sollte. Sämtliche naive Hoffnung, das Gepäck könnte sich noch anfinden, löste sich in diesem Moment in Rauch auf (in meinem Hinterkopf ertönte ein leises „Haha!“).
Also holte ich mein Telefon hervor und scannte den Code.
Der HÄTTE auch funktioniert, wenn man denn Netz gehabt hätte. WLAN? (wieder dieses „Hahaah!“). Namibische Telefonkarte? Hey, kein Problem, es gibt Anbieter (namentlich MTC) am Flughafen - einfach um die nächste Ecke!
Na wenigstens was, dann würden wir uns mal so ein Kärtchen besorgen.
Um die Ecke gebogen schied die Möglichkeit aber auch bald wieder aus. Die Schlange war so lang, dass ich unsere kompletten 3 Reisewochen in ihr hätte verbringen können („Hahaaaah!“). Der zaghafte Versuch, mich vielleicht doch einfach anzustellen und zu warten, endete nach ca. 15 Minuten, in denen sich die laaange Schlange gar nicht, keinen Millimeter, bewegt hatte.
Zurück zur Herrin der verlorenen Dinge fand ich deren Schalter plötzlich gut gefüllt, es hatte sich eine ordentliche Schlange gebildet. Alle füllten ein auf wundersame Weise erschienenes Papierformular aus (nix QR-Code?!?! – „Hahaaaa!!!“). Überraschenderweise händigte mir Madame Lost Luggage auch ein solches aus, in das ich meine Daten nebst Adresse, Gewicht, Blutgruppe, Hobbys, Haarfarbe meiner Großeltern und eine Beschreibung des Gepäcks hineinpinselte.
Die Abarbeitung jedes einzelnen Bittstellers dauerte so lange, dass man gut ins Gespräch kam, zusammen Backrezepte, Doktorarbeiten, die Lebensgeschichten der Familienmitglieder bis hin zum dritten Verwandtschaftsgrad und längere philosophische Diskussionen austauschen konnte.
Vor mir stand übrigens eine Familie aus Deutschland, bei der vier von vier Gepäckstücken verlustig waren und deren gebuchte Tour direkt heute starten sollte. Die ärmsten waren so fertig, dass sie am liebsten zurückgeflogen wären. Au Backe!
Na ja – irgendwann war ich dann auch dran und konnte mein Pamphlet abgeben. Kontaktadresse? Ähhhh…. Heute und morgen Windhoek („What ‚Felsenblick‘? – never heard oft that!“), dann halt jede Nacht woanders.
Zumindest gab es eine Quittung und eine Telefonnummer, bei der ich eben täglich nachfragen sollte. Aufkommende Gedanken an Orte ohne Handyabdeckung, die es ja eventuell mitten in Namibia geben könnte, verdrängte ich, eine Telefonkarte würde ich in der City besorgen.
Mehr konnten wir hier nicht tun. Durchatmen! War ja Urlaub!
Jetzt, nachdem erledigt war, was erledigt werden konnte, war das Problem auch schon nicht mehr so schlimm. Im Gegenteil - irgendwie machen solche Erlebnisse eine Reise doch in der Rückschau gerade zu etwas besonderem und bieten gute Geschichten.
Und - wie sagt man so schön „Man weiß nie, wofür es gut ist.“.
Während unserer Wartezeit im Flughafen war über der Stadt ein Hagelsturm niedergegangen, die Straßen waren weiß. Der Urlaub hätte ohne diese Zwangspause auch leicht mit einem Glätteunfall enden können. Also doch Karma!
Also den Fahrer gesucht, der zum Glück die ganze Zeit (durchaus mehrere Stunden) gewartet hatte, und uns nach Windhoek zu Kalahari Car Hire brachte. Dann das Auto in Empfang nehmen und ab dafür.
Neeeeee…. Auto war noch nicht ganz fertig und zickte, ließ sich nicht starten. („Hahaaaa!“ – da war sie wieder, die Stimme) – irgendein Magnetschalter, der die Zündung nur bei voll getretener Kupplung zuließ, war wohl kaputt. Würde etwa eine Stunde dauern. Langsam war ich echt froh, die erste Übernachtung in Windhoek geplant zu haben!
Netterweise gab uns der Herr von KCH für die Zwischenzeit ein anderes Auto, so dass wir wenigstens etwas zu Essen besorgen und ein paar Lebensmittel einkaufen konnten. Die Maerua Mall mit dem Mountain Eagle Spur war zum glück nicht weit weg und so war wenigstens das kein Problem. Bedeutete aber (google maps wollte trotz Offline-Karten vorläufig nicht), dass mein Teeniekind nach einer Papierkarte navigieren musste (was für ihre Generation etwa so geläufig ist wie Kühe melken oder Feuer machen mit Feuersteinen), während die Lütte die Aufgabe hatte, an jeder Kreuzung „Keep Left“ von der Rücksitzbank nach vorn zu rufen – auf Englisch, damit ich nicht mit den Navigationsanweisungen durcheinanderkam.
Was soll’s – wir haben es geschafft und uns unfallfrei durch meinen ersten Linksverkehr seit immerhin 2009 gemogelt, auch das Parken mit diesem gefühlten Flugzeugträger (nix Pieper, nix Kamera) klappte dank hilfreicher Parkwächter problemlos.
Das Essen im Spurs war... nun ja (deutlich) besseres Fastfood, die Mädels liebten es und da es die erste Nahrung seit dem Flieger und somit die erste genießbare seit Deutschland war, schwelgten wir in satter Glückseligkeit.
Beim Einkaufen ist uns dann die erste Monkey Orange am Obststand über den Weg gekullert (also nein, die lag ordentlich im Regal, aber aber „über den Weg gelaufen“ klingt irgendwie besser und „Laufen“...) - wie auch immer: meine, unsere, angeborene Neugierde ließ uns zuschlagen und eine der Früchte erwerben, die wir bis dahin noch nie gesehen oder gar probiert hatten.
Dann zurück zum Vermieter, Autos getauscht und ab richtung „Felsenblick“ (Gutsche Street Klein Windhoek). Dort angekommen fühlten wir uns in der großzügigen, gemütlichen und idyllisch gelegenen („Felsenblick“ war nicht gelogen) Gästewohnung sofort wohl und von der super netten Wirtin Willkommen geheißen. Nach dem Flug ab aufs Sofa, gaaaaaanz langsam die Sachen auspacken (hey, nur zwei statt drei Gepäckstücke hat auch Vorteile!) und (wie die Mädels es nennen) chillen!
Im Moment alles, was wir brauchten. Mittlerweile war es Nachmittag halb vier und nach dem Nachtflug ließen wir es gut sein.
Zum Abendessen gab es die Errungenschaften aus der Mall und ein frühes Bett klang echt verlockend. Morgen war ja auch noch ein Tag. Wir hatten die Unterkunft in Windhoek für 2 Nächte und so hatten wir morgen den ganzen Tag Zeit, um uns hier ins Getümmel zu stürzen.
Aber da war ja noch was - die Neuentdeckung, die Monkey Orange: Ein Genuss! Nicht eben optisch einladend, harte Kerne (die auch noch giftig sind) umhüllt von weichem Fruchtfleisch. Dies aber ist echt lecker und schmeckt nach einer Mischung aus Bananen, Ananas, Mango und diversen anderen Südfrüchten. Sehr intensiv und wirklich gut. Hab ich hier noch nicht entdeckt (wahrscheinlich in der EU auch nicht verkehrsfähig, weil ja ... die giftigen Kerne und so...
Also endlich noch einmal in schön: Willkommen in Afrika!
Gedanke zum Tag:
It adds itself to the adventure! – Unser ab sofortiger Leitspruch, wenn mal wieder etwas anders funktioniert, als wir es eigentlich geplant haben
Was ham wer heute gelernt?
Take it easy - Urlaub ist Urlaub und Stress ist nur das, was man selbst aus Situationen macht!
Adias Senf und Nellis Ketchup:
Teeniekind: Am Anfang hab ich noch Witze drüber gemacht und dann war es wirklich so... mein Koffer fehlte.
War natürlich auch klar, dass es meiner sein musste.
Ich nahm das ehrlich gesagt gelassen auf, zumindest bei den Klamotten sah ich eher weniger ein Problem und da ich am Anfang dachte: "Der taucht bestimmt in ein paar Tagen wieder auf." machte ich mir auch um die Medikamente keine Sorgen.
Ich hatte zum Glück eine Hose in meinem Handgepäck. Ich stand also mit 2 Hosen, einem Oberteil und einem Pulli in Windhook am Flughafen. "Naja, könnte schlimmer sein" dachte ich mir.
Die Familie vor uns am Schalter hatte gar keinen ihrer Koffer, wir immerhin 2/3.
Papa sah das Problem, weniger optimistisch als ich machte er sich Sorgen wegen der fehlenden Medikamente. Verständlich.
Naja einiges Warten am Schalter für verlorene Gepäckstücke und einem Antrag später fuhren wir endlich in Richtung unseres Mietautos und meine Schwester und ich konnten unsere erste Tiersichtung abhaken: Affen.
Dazu kann ich nurnoch sagen: Unsere erste Ferienwohnung war ein Traum und ich glaube ich fand noch nie ein Bett so bequem wie in dieser Nacht.
Prä-Teeniekind:
Dann endlich nach einem extrem langen Flug landeten wir und machten uns auf den Weg zur Gepäckausgabe. Dort warteten wir auf unsere Koffer und Reisetaschen mit der bösen Überraschung, dass ein Koffer fehlte und mit ihm unsere gesamten Medikamente.
Also auf zum Lost Luggage Schalter an dem wir erst einmal eine Menge Zeit verbringen durften. Nachdem wir alles erledigten hatten, leider ohne den verlorenen Koffer, machten wir uns auf den Weg in das Land der Wildnis und der Tiere.