titelTierauge
2022

Schock im Canyon - unser Weg nach Swakopmund 4:20 Stunden, 350km

Die Strecke von Sesriem nach Swakopmund ist recht berüchtigt dafür, dass hier viele, teils schwere und manchmal sogar tödliche Unfälle passieren.
Dies liegt sicher einerseits an der langen und meist schnurgeraden Schotterpiste, die zum viel zu schnell Fahren geradezu verleitet. Andererseits aber ganz sicher auch daran, dass dies einfach mal eine Strecke ist, auf der unheimlich viele Touristen unterwegs sind, die auf dieser Art von Straße nun mal Fahranfänger sind.
Folglich ließen wir es wieder ruhig angehen, ich bemühte mich um eine möglichst defensive Fahrweise und gab sofort nach, wenn Dumbledore wieder mit mir zu schimpfen begann. Gaaanz ruhig!

Das erste Stück bis Solitaire war auch ohne nennenswerte Zwischenfälle zurückgelegt und wir gönnten uns eine Pause mit dem wohl berühmtesten Apfelstrudel Afrikas und kühlen Softdrinks.
Obwohl ich im Laufe meiner reisen schon öfter an Solitaire vorbeigekommen bin, habe ich hier nie gestoppt, es war auch für mich das erste Mal. Und hierzu sei einfach mal so viel vermerkt: ganz abgesehen von dem wirklich guten und den geradezu legendären Strudel ist der Ort an sich auf jeden Fall eine lohnende Pause auf dieser langen und recht eintönigen Piste. Überall stehen Wracks wunderschöner alter Autos im Wüstensand, die hier ihre Endstation gefunden haben. Die ganze Anlage erinnert an eine einsame nordamerikanische Wüstensiedlung und man sieht vor seinem geistigen Auge mindestens einen trockenen Dornbusch vom Wind getrieben über die Straße rollen.

„O Hi, Hallo“ – da waren sie wieder, die deutsche Familie von gestern am 4x4 Parkplatz am Sossusvlei... Namibia ist doch irgendwie ein Dorf.

Erfrischt und gesättigt ging es weiter auf die Piste und wir fuhren gemütlich vor uns hin, machten eine kleine Aussichtspause am Gaub Pass und erreichten bald den Kuiseb-Pass. Hier standen schon eine ganze Menge Autos, die offensichtlich die Aussicht genossen und wir setzten ein Stück zurück, genossen auch ein bisschen und machten ein paar Fotos.

Erst als wir nach einer kleinen Pause wieder weiterfahren wollten, fiel es uns wie Schuppen von den Augen: nicht der Aussicht wegen standen die Autos dort, sondern, um bei einem Unfall zu helfen. Ein 6-türiger Land Cruiser mit Dachzelten war von der Straße abgekommen und lag neben der Brücke. Stopp – ein 6-türiger Land Cruiser… das waren die Deutschen von eben in Solitaire (und gestern am Parkplatz). Zum Glück schien niemand ernstlich verletzt, die Fahrer der anderen Autos, die ja vor uns an der Unfallstelle gewesen waren, kümmerten sich rührend um die Familie. Der Familienvater hatte einen Stirnverband, war aber auf den Beinen und auch ihm schien es verhältnismäßig gut zu gehen.

Man hatte bereits beschlossen, alle nach Solitaire zu fahren und so wurde unser Angebot, ein, zwei Leute mit nach Swakopmund zu nehmen, dankend abgelehnt. Unsere Frage, ob wir noch irgendetwas tun könnten, um zu helfen, wurde verneint und so setzten wir -reichlich geschockt- unseren Weg gen Swakopmund fort.

Erst im Nachhinein beim späteren Sichten der eben gemachten Bilder ist mir aufgefallen, dass das neben der Brücke liegende Auto von unserem Aussichtspunkt eben schon zu sehen war, aber im Geröll des Canyons einfach nur übersehen worden war.

Etwa eine Stunde später kam uns ein Auto eines Swakopmunder Autobergungsdienstes entgegen – offenbar wurde also auch das verunfallte Auto selbst versorgt.

Letztlich war uns das nochmals eine eindrückliche Warnung: ob nun verschuldet oder nicht – es geht so schnell, dass einem das Auto auf diesen Straßen außer Kontrolle gerät und kann so schreckliche Folgen haben, auch noch weitaus schlimmere, als die, die dieser netten Familie zugestoßen waren.

Irgendwann war auch die Strecke nach Swakopmund geschafft und ich war heilfroh, dies ohne Zwischenfälle bewerkstelligt zu haben. Nach gestern war ich noch alles andere als fit und der Weg ging mir ordentlich in die Knochen.

Was sehr schade war, denn eigentlich hatte ich mich schon länger darauf gefreut, unsere Unterkunftswirte Yvonne und Karsten, die wir nun schon auf unserer vierten Namibiatour besuchten, wieder sehen und sprechen zu können. Die beiden haben in einer beachtlichen Lebensleistung den Absprung aus Deutschland gewagt und leiten mittlerweile -nach verschiedenen Zwischenstationen- ihr eigenes Hotel in Swakopmund, das „stay@swakop“ in der Lubowski Street.
Ich hätte gern noch mit den beiden ein bisschen geplauscht, aber für heute reichte meine Restenergie wirklich nur noch für Bad und Bett.

Das Hotel jedenfalls war mit unserem großzügigen Zimmer und seinen gemütlichen Betten aber auch an sich einfach toll und ich habe mich in dieser Nacht ordentlich gesund schlafen können.

Gedanke zum Tag:
„Na - geschafft?“ - Yvonne bei unserer Ankunft. Man muss es mir a weng angesehen haben...

Was ham wer heute gelernt?
...dass es echt leckeren Apfelstrudel zwischen Sesriem und Swakopmund gibt.

Adias Senf und Nellis Ketchup:
Teeniekind: Solitaire hat auch mich begeistert, ganz nach dem Motto "klein aber fein", den Besuch war es definitiv wert.
Mit dem Apfelstrudel hab ich meine Liebe zum Softdrink "Appletiser" entdeckt, der uns die ganze Reise über begleitet hat. Eigentlich ist es nur Apfelschorle aber bei der Hitze ist es wie ein Geschenk und viel besser als Fanta oder Sprite.

Und auch wenn ich das Campen liebe und mitlerweile extrem vermisse, es war so schön auf einer Matratze zu schlafen.

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