An goldenen Dünen ... vorbei - unser Tag im Sossusvlei theoretisch 2:10 Stunden, 150km
Greift man sich einen bliebigen Reiseführer für Namibia – welches Bild findet sich dann in 99 Prozent aller Fälle auf dem Deckblatt? Entweder eines der prominenten Tiere wie Giraffe, Löwe, Nashorn oder Elefant oder aber die wunderschönen rötlich braunen Dünen der Namib.
Und diese sind nirgendwo so schön rot wie im Gebiet um Sossusvlei herum. Mit der Elimdüne, den Dünen 40 und 45 und den Gebieten um das Sossusvlei mit „Dead Vlei“ und „Hidden Vlei“ sind viele der wichtigsten und prominentesten Vertreter ihrer Art in eben jenem Park gelegen, den wir heute ansteuern würden.
Wie es sich gehört haben wir unser erstes Campingfrühstück zu uns genommen und schon dabei bestätigte sich langsam aber ziemlich sicher, was sich die Nacht über schon langsam angekündigt hatte: Papa hatte böse Bauch. Es rumorte und rumpelte in meinem innersten, als wäre glatt die ersten Vertreter der Big 5 in Gestalt eines ausgewachsenen Löwenrudels in meinem Innersten versammelt. Das „wir“, in dem ich eben vom Frühstück gesprochen habe, nehme ich dann auch zurück und korrigiere: die Mädels frühstückten, ich beließ es beim Kaffee.
Recht wahrscheinlich hatte sich das nicht ganz durchgegarte und wohl auch nicht mehr ganz taufrische Lammfleisch von gestern mit dem Rest-Stress aus Reisevorbereitung und Hinflug zu einem satanischen Gebräu vereint, das in meinem Gedärm eine Technoparty veranstaltete. Und damit sollte ich auch noch ein bisschen zu tun haben…
Doch zunächst sind wir recht guter Dinge in Richtung Park gestartet und haben, dort angekommen, die Checkinformalitäten flugs erledigt. Vor Ort begaben wir uns zuerst in Richtung Sesriem Canyon, um ein bisschen zu klettern und uns die Beine zu vertreten.
Die paar Regentropfen der letzten Tage hatten nicht ausgereicht, diesen in der Regenzeit reißenden Fluss und in der Trockenzeit schroffe und trockene Schlucht mit Wasser zu füllen.
Das wird im Februar, März und April ganz anders aussehen, wenn der Tsauchab, dessen Zufluss ja in Hauchabfontain entspringt, hier hindurchbraust.
Wie auch immer – im Moment war’s trocken und wir konnten durch den Canyon laufen und hier und dort auf ein paar Steine oder Vorsprünge klettern. Da wir gestern ja den ganzen Tag den Undsoweiter im Auto platt gesessen hatten, tat uns das nur zu gut.
Als es sich ausgeklettert hatte, haben wir uns auf die etwa 60km lange Strecke gen Sossusvlei begeben. Während der Fahrt schien sich das Löwenrudel in meinem Bauch prächtig zu amüsieren und dabei Unterstützung von ihren Kumpels den Büffeln und mindestens zwei von Daenerys' Drachen bekommen zu haben. Ihren Höhepunkt erreichte die wilde Sause in etwa auf Höhe von Kilometer 45, an der sich die Düne 45 befindet (ob es da wohl einen Zusammenhang gibt…?).
Das war der perfekte Ort für solcherlei Zeitvertreib, da das einzige sanitäre weit und breit ein von 100ern Besuchern täglich genutztes Loch-im-Boden-Mit-Sitz-Obendrauf-Klo war, das prächtig in der afrikanischen Sonne vor sich hingärte . Sehr schön! Mir ging es richtig dreckig…
Dennoch sind wir noch weiter zum Sossusvlei gefahren und natürlich haben wir das Auto nicht auf dem 2x4-Parkplatz abgestellt, sondern sind brav durch den Sand gefahren, wie Erwachsene das so tun. Es klappte hervorragend. Lenkrad nicht zu fest halten, Schwung behalten und alles ist easy…
Hier bekam auch unser Hilux seinen Spitznamen für die Tour: Dumbledore – weil er wie ein alter, gestrenger Lehrer jeden Fehltritt in Form einer Geschwindigkeitsübertretung rügte, weil er trotz seines beträchtlichen Alters (350.000km auf der Uhr) leistungsfähig und kräftig wie ein junger Stier war und weil er im Innersten trotz seiner Überlegenheit ein gütiges, wohlwollendes Wesen hatte.
Auf dem Fußweg zum Dead Vlei merkte ich dann aber langsam aber sicher, dass ich wirklich nicht fit war. Der Weg dorthin stellte eine echte Herausforderung für mich dar, die nur im Rhythmus „Schritt, Schritt, Durchatmen, Herzschlag entschleunigen, Schritt, Schritt…“ zu schaffen war.
Richtig genießen konnte ich den Ort so leider nicht, zumal die Sonne hoch am Himmel stand und die wundervollen Farben des Sandes erst in der Abenddämmerung wirklich überwältigend sind. Also beschlossen wir gemeinsam, uns erst einmal ein bisschen auf dem Zeltplatz zu erholen und dann abends noch einmal zur „45“ aufzubrechen.
Am 4x4-Parkplatz haben wir übrigens eine deutsche Familie getroffen, die uns noch ein paar Mal über den Weg laufen sollte – witzig, irgendwie passiert so etwas in Namibia immer!
Die gutsten brachen 5 Minuten vor uns auf und schienen echt Spaß auf der Allradstrecke zu haben, denn sie kamen uns dort schon wieder entgegen, als wir gerade auf dem Rückweg waren.
Apropos Rückweg: der war unerwartet schwer für mich und ich hatte richtig zu tun, nicht am Steuer einzuschlafen. Nicht fit!
Leider musste ich am Zeltplatz angekommen, die wirklich schmerzhafte Entscheidung treffen, dass wir nicht noch einmal losfahren würden.
Ich weiß wirklich nicht, ob ich den Weg geschafft hätte.
Denn schon beim Versuch, die Plane von den Dachzelten zu lösen, merkte ich, dass mein breiter Allerwertester heute nur noch auf einen Stuhl gehört und sich von dort nicht mehr wegbewegen sollte.
Mir war hundeelend, schwindlig und ich war richtig schwach.
Die Mädels mussten heute alles allein machen – Zelte (beide Zelte!), Essen, Abwasch, Sachen verladen… Und das haben sie mit Bravour erledigt.
Ich war noch nie so dermaßen dankbar und stolz auf meine beiden Mädchen!
Wie schade um diesen Tag an diesem so wunderbaren Ort! Wenigsten der vorsichtshalber gemachte Corona-Test blieb bei einem Strich…
Gedanke zum Tag:
Are you twins? - zwei australische Reiseblogger zu meinen beiden 12 und 16 jährigen Töchtern
Was ham wer heute gelernt?
Auch wenn man offroad fährt, mag es eine gute Idee sein, nicht NUR auf das Sandbett vor sich zu schauen - mein Gedanke, nachdem ich im Sandbett etwa 50cm an einem irritiert schauenden Oryx vorbeigefahren bin.
Adias Senf und Nellis Ketchup:
Teeniekind: Papas Geschichten von seinen bereits erlebten Reisen an die Orte, an denen wir nun auch waren, waren endlich greifbarer.
Es war einer dieser Tage, an denen ich wirklich verstanden habe, wieso er diese Reise mit uns machen wollte. Ich war noch nie in meinem Leben so sprachlos vor erstaunen.
Die roten Dünen waren noch majestätischer als auf den zahlreichen Bildern von Papa, die ich schon gesehen habe.
"Wie auf deinem Bild" hat meine Schwester gesagt, als wir das erste Mal an einer der Dünen vorbeigefahren sind.
Ich hätte alles dafür gegeben, dass Papa an dem Tag ganz fit gewesen wäre. Ich weiß, wie sehr es ihn genervt hat und, dass er das ganze gesund noch besser hätte genießen können.
Dennoch war ich - trotz der einmaligen Chance - nicht allzu traurig, als er abends verkündete, dass wir nicht nocheinmal losfahren würden, um den Sonnenuntergang hinter den Dünen anzusehen.
Ich war einfach fertig von dem tollen Tag und den vielen neuen Eindrücken.