titelTierauge
2004

Tag 19: Lüderitz 

Da wir beide noch nie eine Geisterstadt gesehen hatten und schon so viel von dem alten Diamantenort Kolmanskuppe gehört hatten, wollten wir den heutigen Tag mit einem Besuch des selben beginnen.

Kolmanskuppe kann grundsätzlich nur mit einer Führung zu vorgegebenen Zeitpunkten besucht werden und so trafen wir lieber rechtzeitig im Ort ein.

Während wir noch standen und warteten, kam ein Reisebus nach dem anderen, vollgepackt mit Touristengeschwadern aus Deutschland an und entlud seine grausame Fracht. Als die Führung endlich losging, waren wir so an die 70-120 Zuhörer. Nichts von wegen einsamer Geisterstadtromantik.

Die Führung an sich war allerdings sehr gut gemacht und sogar in dieser Gruppe sehr unterhaltsam. Gehalten wurde sie von einer deutschstämmigen Einheimischen, der man einen gesunden und berechtigten Lokalpatriotismus durchaus anmerken konnte.

Und so berichtete sie von der interessanten Geschichte dieses Ortes, der einmal die reichste Stadt des Kontinents gewesen war.

Geradezu verschwenderisch lebte man hier. Obwohl das Wasser für die Siedlung mühsam per Schiff und Karren herbeigeschafft werden musste und es in dieser Gegend nichts, ber auch gar nichts gab, was zum Leben in einer Stadt notwendig ist, existierte hier doch jeglicher denkbarer Komfort der damaligen Zeit.

So gab es ein Krankenhaus, eine Schule, einen Tanz- und Konzertsaal und -man glaubt es kaum- Eisschränke!

Ein einfacher Bahnarbeiter war es gewesen, der hier rein zufällig den ersten Stein gefunden hat. Schon bald gab es hier einen Diamantrausch ähnlich dem Goldrausch in Amerika. Zu hunderten lagen die Arbeiter auf den Knien und suchten mit einer Pinzette die edlen Steine einfach so vom Erdboden auf.

Doch schon bald waren die Vorkommen erschöpft und die Einwohner Kolmanskuppes verließen ihre dann nur noch unwirtliche Stadt. Vieles mussten sie zurücklassen und der Sand der Namib begann, sich zurückzuholen, was ihm entrissen worden war.

Und so erschließt sich das Bild Kolmanskuppes auch als Zusammenspiel der Gegensätze aus den zerstörerischen, gewaltigen Kräften des Sandes und dem Eindruck, als wären die Einwohner gerade aufgebrochen und könnten jeden Augenblick zurückkehren. Denn Fäulnis und Verfall gibt es in dieser Trockenheit kaum.

Wir waren sehr beeindruckt von der Gewalt der Natur und dem fast gruseligen Charme des Ortes. Besonders viel Spaß machte es, in den alten Häusern zu stöbern und dort auf Entdeckertour zu gehen.

Für den Rest des Tages wollten wir noch einen Ausflug zum Diaz-Kreuz machen, einem oberhalb der Lüderitzbucht gelegenen Aussichtspunkt, an dem einst Ricardo Diaz Schutz vor dem rauhen Atlantik suchte. Und wie rauh der war, konnten wir uns angesichts des heftigen und vor allem kalten Seewindes sehr gut vorstellen.

Danach suchten wir unsere neue Pension, das Haus "Sandrose" auf. Um es kurz zu machen - wir haben uns ziemlich geärgert, nicht von vornherein hier gebucht zu haben. Bei annähernd gleichem Preis wie in der Pension "zur Waterkant" herrschte hier eine freundliche, helle Athmosphäre, die Zimmer waren nett, komfortabel und durchaus schick eingerichtet, die Herbergswirtin war eine junge, nette Ex.

Her konnten wir uns ein wenig hinlegen und uns für einen Abendspaziergang durch Lüderitz frisch machen.

Da wir heute seit dem Frühstück noch nichts gegessen hatten, wählten wir das "Legends", das sich in unmittlbarer Nähe zum Haus Sandrose befindet.

Was für ein Kulturschock! Wie gesdagt -Lüderitz ist eher ein kleines, verträumtes Kaff, ehe spießig und konservativ. Dahingegen bot das Legends mit seinem jungen, frischen Publikum, den -durchaus schicken und in Schwarz-Weiß gehaltenen - Bildern von Größen aus Film und Musik eine weltoffene Athmosphäre, die man so eher in Paris, London oder Berlin erwartet hätte. Und trotzdem hatte der Laden den Charm eines Szenelokals am Rande der Welt - ein Laden, den man so nur hier finden konnte. Das Bier war wieder mal leckerstens und das Essen war -nach ein paar Frischgezapften- durchaus empfehlenswert.

Unser persönliches Highlight des Ortes und echter Geheimtipp!!!

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